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Kinderarche-Knigge

© Illustration: André Uhlig

Mit Kindern über Sexualität zu sprechen, kann unsicher machen. Manchmal mogeln wir uns deshalb um die Fragen herum. Aber Kinder wollen Antworten! Nehmen wir die Einladung zu dieser Forschungsreise an!

„Mama, was ist eigentlich SEX?"

Kinder sind neugierig. Und das ist auch gut so.

Wenn Kindergartenkinder fragen, wie die Babys in den Bauch kommen und von Doktorspielen berichten. Wenn Grundschüler:innen sich wundern, warum Mädchen aus der Scheide bluten und Jungen einen steifen Penis bekommen. Wenn Jugendliche ihre Rolle als Junge oder Mädchen hinterfragen und keine Lust mehr haben, dieser Rolle zu entsprechen. Dann fühlen wir uns innerlich berührt, vielleicht beschämt oder gehemmt, herausgefordert oder überfordert, aber in jedem Fall gefragt in unserer elterlichen Verantwortung.

Sexualität ist ein elementarer Bestandteil unseres Seins und wirkt im Laufe unseres Lebens, in unterschiedlichster Art und Weise, auf persönliche Einstellungen und Entscheidungen. Sexualität ist bereits da, wenn unser Leben beginnt und ist ein Teil davon, bis zu unserem Tod. Was vielleicht ein bisschen aufgeblasen klingt, ist bei näherer Betrachtung eine unumstößliche, vielfach belegte Realität. Trotz dieser Tatsache, ist das Thema Sexualität in gesellschaftlich nach wie vor schambesetzt und wird hauptsächlich individuell verstanden, gelebt und bewertet.

Mit Kindern über Sexualität zu sprechen, kann unsicher machen. Je nachdem welche Erfahrungen wir selbst gemacht haben, geben wir Antworten auf die Fragen unserer Kinder. Schnell werden wir unsicher, welches Maß an Offenheit dabei zuträglich ist. Unklar ist, auf welche Art und Weise Informationen verpackt werden sollten und welche Themen in welchem Alter aktuell und „zumutbar" sind. Gleichzeitig schwingt die persönliche Einstellung mit, denn schließlich wollen auch Normen und Werte vermittelt werden.

Eine große Aufgabe, wenn man genau hinschaut. Manchmal so groß, dass wir sie lieber elegant umschiffen mit Antworten wie: „Das ist ein bisschen kompliziert, das lernst du in der Schule." oder „Wenn zwei Menschen sich sehr lieben, entsteht aus dieser Liebe ein Baby." Unklare Antworten erzeugen unklare Bilder und Unwissenheit. Unwissenheit macht Kinder erwiesenermaßen anfälliger gegenüber Manipulation und Missbrauch. Kinder wollen Antworten! Wenn Eltern sie nicht geben, werden Alternativen gesucht. Unsere mediatisierte Realität bietet Kindern und Jugendlichen dazu viele Möglichkeiten. Vom guten Aufklärungsmaterial über streitbare Influencer:innen bis hin zur Pornografie.

Die gute Nachricht ist: Eltern können sich fit machen in ihrem Wissen und ihrer Sprachfähigkeit, wenn es darum geht, Kinder in ihrer sexuellen Entwicklung gut zu begleiten. Für jede Entwicklungsphase sind umfassende Materialen und Medien (teilweise kostenfrei) erhältlich, die es Eltern und Nachwuchs erleichtern zum „Thema Nr.1" ins Gespräch zu kommen. pro familia und die BZgA bieten viele hilfreiche Broschüren zum Thema.

Die Entdeckung des eigenen Körpers und dessen Empfindungen, spielt besonders im Kleinkind- und Kindergartenalter eine große Rolle. Kinder benötigen geschützte Räume und Möglichkeiten zur Körpererfahrung, z.B. beim Plantschen, Matschen oder Kuscheln. Es gilt, eine Sprache zu finden, mit der Kinder beschreiben können, was sie erleben und empfinden und Bedürfnisse sowie Grenzen ausdrücken können. Bücher wie: „Lina die Entdeckerin" (K. Schönborn- Hotter), „Bruno will hoch hinaus" (S. Ziegelwanger) oder „Das große und das kleine Nein" (Braun/ Wolters) helfen dabei, den eigenen Körper zu entdecken, Scham abzubauen und den eigenen Gefühlen zu vertrauen.

Grundschulkinder interessieren sich für die Funktionen und Veränderungen des Körpers. Die Wertschätzung und Akzeptanz des eigenen Körpers und das klare Ausdrücken von Grenzen können in dieser Zeit gut erlernt werden. Bücher wie: „Klär mich auf" (von der Gathen / Kuhl) oder „Wie ist das mit der Liebe" (van der Doef), erklären mit viel Kreativität und Humor, was Sexualität bedeutet und räumen mit entwicklungshemmender Scham und Schuldgefühlen auf.

Erste Partner:innenschaften und Fragen zur sexuellen Identität stehen vor und während der Pubertät im Mittelpunkt des Interesses und auch hier reißen die Fragen nicht ab. In dieser Phase sind Eltern oft nicht mehr die ersten Ansprechpartner:innen, wenn es um Sexualität geht. Das ist normal und gut so. Ein kleiner Hinweis auf hilfreiche Quellen im Internet wie z.B. Gianna Bacios TikTok-Kanal (@giannabacio) oder ein wirklich gutes Aufklärungsbuch als Geschenk, z.B. „Ganz schön aufgeklärt" (Müller / Geisler) oder „Make Love" (Henning / Bremer-Olszewski), geben Eltern dennoch die Möglichkeit, für ihre Kinder da zu sein und sie zu begleiten.

Unsere Kinder laden uns ein, neu über ein altes Thema nachzudenken, unsere Einstellungen zu hinterfragen und noch einmal in eine Zeit zurückzukehren, die uns selbst vielleicht einige Antworten schuldig geblieben ist. Nehmen Sie die Einladung zu dieser Forschungsreise an! Es lohnt sich! Für uns alle.

Solveig Puschmann, Yvonne Krüger, Anja Hanschick, Landesfachstelle Blaufeuer, Fachbereich Prävention

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