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Die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod, Sterben und Ewigkeit ist keine leichte – auch für Erwachsene. Gott erfahrbar und erlebbar zu machen, Rituale zu pflegen und Erinnerung zu bewahren – auch an der Grenze des Lebens –, kann Hoffnung stärken und Ängste kleiner werden lassen.

Ewigkeitssonntag mit Kindern oder Zeit zum Gedenken

November – der Sommer ist längst vorbei und auch der Herbst neigt sich dem Ende entgegen. Nun ist es für die Natur an der Zeit, Pause zu machen und neue Kräfte zu sammeln für den nächsten Frühling. Auch für viele Menschen beginnt nun eine Zeit der inneren Einkehr und wir begehen zum Abschluss des kirchlichen Jahreskreises den Ewigkeits- oder Totensonntag. Der Tod und das ewige Leben rücken hierbei in den Mittelpunkt und führen uns vor Augen, dass menschliches Leben zwar endlich ist, aber bei Gott ewig aufgehoben bleibt. Zugegeben, nicht immer ein leichtes Thema – besonders in der Arbeit mit Kindern. Doch Abschied, Trauer und Tod gehören auch für Kinder zum Lebensalltag. Der Tod des geliebten Haustieres, der Verlust der Oma oder eines anderen Angehörigen sind Dinge, die Kindern begegnen und die Raum brauchen. Der Ewigkeitssonntag kann eine gute Möglichkeit sein, diesen Raum zu schaffen und sich gemeinsam mit den Kindern auf vielfältige Weise diesem Thema zu nähern.

Liebevoll illustrierte Kinderbücher, wie z.B. „Der alte Bär muss Abschied nehmen“, stellen eine Möglichkeit dar, die Fragen der Kinder nach dem Warum, nach dem Wohin und Danach aufzufangen. Die tiefgründige Geschichte vom alten Bär, der alle Tiere noch einmal zu sich ruft, um Abschied zu nehmen, weicht den Fragen nach dem Sinn von Leben und Tod nicht aus und verbreitet Zuversicht – zeigt es doch, dass Abschiednehmen zum Kreislauf des Lebens gehört. Und so endet das Buch damit, dass ein neuer, kleiner Bär im Wald erscheint und fortan mit den anderen Tieren zusammenlebt. Weitere Buchempfehlungen –  Ulf Nilsson, „Die besten Beerdigungen der Welt“, Fang Suzhen „Oma trinkt im Himmel Tee“, Anette Bley „Und was kommt nach 1000?“, Ally Kennen „Wie Großvater ein Wikinger wurde“

Klingt es erstmal vielleicht nicht nach einem geeigneten Ausflugsort für Kinder, so kann auch der Besuch eines Friedhofs ein guter Zugang zum Gedenken am Ewigkeitssonntag sein. Der Friedhof als Ort der Erinnerung, aber auch als Ruheort der Verstorbenen. Das wiederum eröffnet ggf. neue Fragen, was denn mit dem toten Körper passiert, ob die Oma nun auf einer Wolke sitzt oder im Himmel Kaffee trinkt?! Das Aufgreifen dieser kindlichen Neugier im Rahmen einer Gesprächsrunde, das „Theologisieren und Philosophieren mit Kindern“, fördert das sich-aneignen und gedanklich Durchdringen der kindlichen Lebenswirklichkeit und Ergründen von Zusammenhängen – kreativ und ergebnisoffen, ohne absolute Wahrheit. Für erwachsene Bezugspersonen bedeutet dies, sich einlassen und Zeit nehmen und die Kinder in ihren Fragen, Ängsten und Sorgen ernst nehmen. Durch gemeinsames Philosophieren lernen Eltern nicht nur, was ihr Kind denkt, sondern auch wie ihr Kind denkt. Weil Ideen und Gedanken aktiv hinterfragt werden, fühlen Kinder sich wertvoll und angenommen.

In der Kindertageseinrichtung und auch zu Hause kann ein Gedenktisch die Bearbeitung des Ewigkeitssonntags begleiten – gemeinsam mit den Kindern wird ein Tisch gestaltet – mit einem Tuch, einer Blume vielleicht und Fotos von zu Hause (ein Bild der Oma, der verstorbenen Katze etc.), einem gemalten Bild und einer Kerze. Der Gedenktisch kann Anlass geben, über die Verstorbenen zu sprechen und Kinder dazu ermutigen, sich zu öffnen und ihren Gedanken und Gefühlen in einem geschützten Rahmen Ausdruck zu verleihen. Welche schönen Erinnerungen hat man an den geliebten Menschen? Wie lebt die Oma in uns weiter?

Auch über die Sprache hinaus gibt es Ausdrucksmöglichkeiten, um die Themen Tod, Trauer und Gedenken zu bearbeiten. Die Begegnung mit dem Tod in der darstellenden Kunst (z.B. auf Bildern bei einem Besuch in der Gemäldegalerie) bietet neue und vielleicht bisher unbekannte Möglichkeiten der Auseinandersetzung und regt ggf. dazu an, selbst kreativ tätig zu werden und eigene Gefühle künstlerisch zum Ausdruck zu bringen.

Der bereits genannte Besuch des Friedhofes kann verknüpft werden mit dem aktiven Entdecken einer Kirche. Kirchen sind Räume, die sich vom Alltäglichen abheben und wir können Kinder einladen, sich spielerisch und ohne Zwang auf eine altersgerechte Entdeckungsreise einzulassen. Das Zählen der Fenster, die Suche nach einem bestimmten künstlerisch dargestellten Tier im Altarraum, eine Stilleübung mit Klangschale oder das Singen eines Liedes sollen nur einige Beispiele dafür sein, wie man mit Kindern Kirchenräume erfahren kann.

Auch für Familien ohne konfessionelle Zugehörigkeit können gemeinsame Rituale helfen, sich an Verstorbene zu erinnern. Dazu kann gehören, abends eine Kerze anzuzünden und über die geliebte Person zu sprechen, einem Erinnerungsgegenstand einen würdigen Platz zu geben und vielleicht auch einen Brief an den Verstorbenen zu schreiben. Diese Rituale sind Übergangsriten, um die Erinnerung an den Toten zu erhalten und besonders zu gestalten. Ein schönes Symbol der Hoffnung kann auch das gemeinsame Pflanzen eines Baumes sein.

Ein Blick über die Grenzen unserer Kultur hinaus zeigt uns, wie anderswo mit dem Thema Tod und Sterben umgegangen wird. So wird in Mexiko alljährlich vom 31. Oktober bis 2. November der Dia de Muertos, der Tag der Toten, begangen. Dieser besondere Tag ist eine Feier des Lebens und des Todes. Diese Tradition entstand aus den Bräuchen der Azteken, Tolteken und der Nahua, die das Betrauern ihrer Toten als respektlos empfanden. Für diese prä-hispanischen Völker war der Tod eine natürliche Phase im Kreislauf des Lebens und die Verstorbenen galten noch immer als Teil der Gemeinschaft. Während der Feierlichkeiten zum Tag der Toten kehren sie, dem Volksglauben nach, zeitweise zurück auf die Erde, um gemeinsam mit den Lebenden ein fröhliches Wiedersehen mit Musik, Tanz und leckerem Essen zu feiern. Die Familien treffen sich auf dem Friedhof, um der Toten zu gedenken, ihnen Geschenke zu bringen und gemeinsam mit ihnen zu essen.

So bunt wie der Tag der Toten in Mexiko begangen wird, so gibt es auch in anderen Ländern und Kulturkreisen Symbole und Rituale, die Trauer und Tod verdeutlichen. In vielen asiatischen Ländern steht die Farbe Weiß für den Tod und auch im Buddhismus und Hinduismus findet diese Farbe für die Trauer Anwendung. Weiß symbolisiert die Unschuld und ist ein Merkmal für die Reinheit der Seele und auch im alten Europa war Weiß lange Zeit die Farbe der Trauer – wurde jedoch vom seither gängigen Schwarz abgelöst, als die ersten Brautkleider die Farbe Weiß hatten.

Auch im Judentum gibt es besondere Rituale zum Gedenken der Toten. So nimmt dort der Friedhof einen besonderen Stellenwert ein und darf nicht aufgelöst werden. Gräber werden nicht neu belegt, um so die ewige Totenruhe zu sichern. Jüdische Gräber werden nicht bepflanzt, um die Ruhe der Toten nicht zu stören, stattdessen werden Steine auf dem Grab abgelegt, um des Verstorbenen zu gedenken.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod, Sterben und Ewigkeit ist keine leichte – auch für Erwachsene. Oftmals gilt es insbesondere für sie, Tabus zu überwinden, wo Kinder unbefangen und offen sind. Gott erfahrbar und erlebbar zu machen, Rituale zu pflegen und Erinnerung zu bewahren – auch an der Grenze des Lebens –, kann Hoffnung stärken und Ängste kleiner werden lassen.

Nadine Tensing, Christliches Kinderhaus „Guter Hirte“ Radebeul

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