SpendeKnigge

Seit Oktober 2023 wird der jetzt viereinhalbjährige Arno in der Integrativen Kita „Sonnenkäfer“ in Niederbobritzsch betreut. Trotz seiner Spina bifida erlebt er in der Kita jeden Tag: Er ist ein Kind wie alle anderen. Und eine Bereicherung für alle anderen.

Der Arno ist unsere Herzensangelegenheit!

Was hast du denn alles schon in der Kita gelernt?

Ähm, Malen…, in der Gruppe orange. Dort habe ich auch Spielen und Teilen gelernt. Im großen Kindergartenbereich habe ich auch Spielen gelernt, auf der Hochebene und unten. Und ich habe „Verstecken“ gelernt, wir zählen und dann machen wir eene, meene, muh und raus bist du… In der Gruppe orange ist der neue Max, der haut mich immer…

Wer sind deine Freunde?

Na, der Charly, der Elias, die Mathilda und der Tim

Was spielst du am liebsten?

Am liebsten spiele ich mit der Feuerwehr zu Hause. Hier im Kindergarten im Mehrzweckraum, weil da ist es viel leiser. Auch im Snoezelraum ist es leiser. Im Mehrzweckraum spiele ich sehr gerne mit der neuen Küche zusammen mit der Erzieherin. Ich puzzle auch gerne, zu Hause habe ich zwei Elsa-Puzzle. Die habe ich mit dem Papa mal gepuzzelt. Ja, im Mehrzweckraum habe ich auch „Werfen“ gespielt, nicht mit dem Ball, mit den Pfeilen. Ich tanze im Mehrzweckraum auch gerne und singe.

Wo ist dein Lieblingsort in der Kita?

Der Mehrzweckraum und der Snoezel…

Gibt es Dinge, die du in der Kita nicht mitmachen kannst?

Mhm, am Klettergerüst. Aber unten am Eishaus kann ich mit meinen Orthesen mitmachen, dort gibt es sehr viel Eis.

Gibt es Dinge, die dich traurig machen oder die dich nerven?

Wenn jemand mich haut oder mich kneipt oder beißt oder umschmeißt. Dann kommt bei mir das Gewitter. Erst kommt eine braune Wolke, dann kommen Blitze und dann kommt der Donner. Wenn mich ein Kind schubst, dann sage ich: Stopp!

Wenn du in zwei Jahren in die Schule kommst, was möchtest du dann alles in der Kita gemacht und gelernt haben?

Ähm, Malen. Und ich möchte auf das Klettergerüst. Ich möchte auch Schaukeln können. Ich möchte dir noch sagen, dass ich zu Hause ein Vogelnest habe, ein Häuschen… Da mache ich mit der Mama Futter rein. Wenn wir weg sind, dann kommen die Vögel und futtern.

Fragen an Arnos Bezugserzieherin:

Was begeistert dich in der Arbeit mit Arno?

Es begeistert mich, mitzuerleben, wie ein Kind in eine Kindergruppe in unserem offenen Konzept integriert werden kann, wie die Kinder auf Arno reagieren, auf seine Einschränkungen… Es ist schön mitzuerleben, wie sich Arno weiter entwickelt, wie er versucht, trotz seiner körperlichen Einschränkung Lösungen zu finden, um teilhaben zu können, wie er es vermag, andere Kinder in seinen Bann zu ziehen, dass sie für ihn kleine Botengänge erledigen, ihm helfen – bewusst und unbewusst. Es ist sehr schön, die Erfolge zu sehen in der Arbeit mit Arno, es fordert einen auch, sich immer wieder neu zu überlegen, wie man Arno integrieren kann im Tagesablauf, weil er ja körperlich eingeschränkt ist.

Wo siehst du einen Zugewinn für die Kindergruppe mit Arno?

Er rückt seine körperliche Behinderung in den Hintergrund, weil er sich (hoffentlich) voll integriert fühlt. Dass der Arno sich altersgerecht entwickeln kann, was das Geistige und den motorischen Bereich im Oberkörper betrifft und sein Handicap mit den Beinen ihn nicht tangiert. Er kann sich also geistig genau wie alle anderen Kinder auf die altersgerechte Entwicklung einlassen.

Welche Bereicherung stellt Arno für die Kindergruppe dar?

Arno ist eine sehr (sehr) große Bereicherung, weil er bei den anderen Kindern das Bewusstsein weckt, dass Kinder anders sind. Dass man Rücksicht auf Arno nehmen muss, ihm mal helfen, einen Teller bringen, z.B. wenn er mit seinen Händen den Rolli bewegt, dass man ihm auch ein Spielzeug reicht, was weiter oben ist… Das Miteinander, die Fürsorge und Rücksichtnahme bringt die anderen Kinder weiter und ich finde auch, man kommuniziert gut miteinander, weil der Arno sich ja artikulieren muss und Bitten äußert…. Wo die Kinder auch nachfragen, was möchtest du, was wolltest du gerade…. Das Miteinander finde ich echt eine Bereicherung. Der Arno hat aus Kindern, die sehr lebhaft sind, die im normalen Alltag gar keine fürsorgliche Seite zeigen, diese Fürsorge oder ja, eine liebevolle, zarte Seite zum Vorschein gebracht.

Was bedeutet dir die Arbeit mit Arno persönlich?

Es stellt einen täglich vor eine Herausforderung, weil Arno in seinem Wesen auch einzigartig ist und sehr speziell. Bedingt durch seine Einschränkung und seine vielen Krankenhausaufenthalte versteht er es, Erzieherinnen und auch Kinder zu manipulieren. Dort muss man einen guten Abstand finden, nicht in Mitleid geraten, sondern den Arno genau wie jedes andere Kind fordern. Ich finde, das sind so Tagesaufgaben, die das schwieriger machen. Gerecht und bedarfsbedingt auf das Kind einzugehen, weil er eben körperlich eingeschränkt ist. Das macht aber auch Spaß und Freude, weil man eben auch sieht, wie er sich weiterentwickelt. Und ich staune immer wieder, wie weit er kognitiv ist… Arno ist geistig sehr weit für sein Alter. Er ist sehr intelligent und wissbegierig, das macht Freude, weil er eine andere kommunikative Art hat als andere Kinder. Arno ist sehr speziell. Er fragt z.B. mit vier Jahren schon, wie viele Planeten das Sonnensystem hat usw.

Gibt es Grenzen in der Arbeit mit Arno, wenn ja, welche sind das?

Im Moment stoßen wir an eine Grenze in der Bringe- und Abholsituation. Arno ist ein kluges Köpfchen. Wir beobachten, dass er seine Mama gut einspannt, um diese Übergabesituationen in die Länge zu ziehen. Arno klammert dann sehr an seiner Mama und ihr fällt es ganz schwer, ihn loszulassen bzw. klar eine Grenze zu ziehen. Die Mama ist in dieser Situation von ihrem Herzen geleitet. Ich habe aber das Gefühl, wir haben diese Situation durch ein gutes Gespräch mit Mama und Arno aufgelöst.

Welche Rahmenbedingungen würden deiner Meinung nach die Entwicklung von Arno noch besser begünstigen?

Ich finde, wir sind hier in unserer Kita echt gut auf den Arno eingestellt, von den Räumlichkeiten usw. Ein bisschen ungünstig ist die Toilettensituation im Krippenbereich. Es wäre besser, wenn wir hier auch im Kindergartenbereich einen Platz zum Wickeln hätten. Aber im Großen und Ganzen finde ich, sind wir echt gut aufgestellt. Wir haben uns gut mit der Situation auseinandergesetzt und ich finde, der Arno ist bei uns sehr gut integriert.

Fragen an Arnos Eltern:

Mit welchem Gefühl haben Sie Arno vor 3 Jahren in der Kita angemeldet? Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf?

Wir waren zwiegespalten, weil wir in einer anderen Krippe schlechte Erfahrungen gemacht hatten, wo wir gesagt hatten, mhm- schwierig. Dann waren wir gut aufgefangen bei der Tagesmutti. Da wer er so in seinem behüteten Umfeld, es waren so 2-3 Kinder. Die Tagesmutti hat dann relativ fix aufgehört und wir mussten dann innerhalb von 3 Wochen wechseln. Das war sehr kurzfristig von der Tagesmutti. Wir waren so froh, dass es hier so kurzfristig geklappt hat. Ich hatte auch ein bisschen „Schiss…“. Die Gruppe hier viel größer, die anderen Kinder in seinem Alter sind schon gelaufen, bei mir war dann doch die Sorge, dass er vielleicht untergeht. Ist jetzt nicht anders, aber ich glaube, er kann sich jetzt besser durchsetzen, als wo er so völlig neu war.

Das Gefühl, dass Arno untergeht kann ich Ihnen nehmen. Er ist gut dabei und geht nicht unter…

Ja, das Gefühl habe ich auch. Gerade wenn wir früh kommen, schickt die Erzieherin erst einmal die Kinder kurz weg, dass er in Ruhe ankommen kann und dann situiert er sich. Ich sage auch, hier müssen wir ein bisschen aufpassen. Ich habe ihm gesagt, pass auf, du bist hier nicht der Chef, du kannst nicht die Leute anstellen. Er hat seine Freunde ringsherum und da ist er immer ganz gut drauf…

Wenn Sie die letzten 2 Jahre betrachten, welche Fähigkeiten hat Arno erreicht? Was hat ihm aus Ihrer Sicht dabei besonders geholfen?

Ich glaube, besonders gut getan hat ihm der Sprung in die große Gruppe, das hat ihn unglaublich nach vorne gebracht. Auch was das ganze Handling betrifft, mit dem Besteck, mit dem Malen, Stifthaltung. Er hält so super den Stift. Ich glaube, er spielt auch lieber mit den Großen. Das bereitet mir gerade ein bisschen Sorgen, weil ich weiß, dass seine Freunde alle jetzt in die Schule kommen, im Prinzip sein gesamter Freundeskreis, den er sich jetzt ringsherum aufgebaut hat. Alle kommen diesen Sommer in die Schule. Das bereitet mir wieder Sorgen und Bauchschmerzen. Er hat sich so an sie gewöhnt, teilweise geht er jetzt schon nach dem Kindergarten zu ihnen und besucht sie, die Kinder wollen teilweise auch zu uns kommen. Sein Grüppchen ist dann weg…. So zwei Jahre älter, das sind die Kinder, an denen er sich orientiert, die ihm so viel zeigen und machen. Ihm hat gut geholfen, dass die Kinder auf ihn so zugekommen sind, das hat ihm das Ankommen erleichtert. Er musste sich nicht sein Grüppchen suchen, sondern die Kinder sind auf ihn zugekommen. Die anderen Kinder waren von Anfang an offen, happy, haben sich gefreut. Er war sofort da. Man kennt es eigentlich, dass Kinder in eine neue Gruppe kommen und erst einmal gucken. So war es überhaupt nicht… Es war so, als hätte er schon immer dazu gehört. Die Erzieherinnen machen auch einen Super-Job. Sie gucken immer, dass sie ihn integrieren. Jetzt habe ich mit der Erzieherin den ganzen morgendlichen Ablauf etwas anders strukturiert, dass er es leichter hat, anzukommen. Die Erzieherin schaut dann, dass sie ihn gut einfängt und bisschen von mir weglockt. Sie ist da sehr hinterher.

Der Arno ist auch unsere Herzensangelegenheit.

Ja, das merkt man. Hier sind die besten Möglichkeiten. Das war auch ein Grund, dass wir gesagt haben, wir starten hier in Niederbobritzsch, weil auch alles ebenerdig ist. Wir wussten von vorneherein, er kann hier überall mit dem Rolli hin. Beim Tag der offenen Tür haben wir gesehen, dass gerade für einen Rolli hier die besten Möglichkeiten sind. Das hier ist endlich mal ein Gebäude, wo er keine Hindernisse hat. Das hat man so selten.

Wenn die Kindergartenzeit zu Ende ist, mit welchen Fähigkeiten soll Arno in die Schule starten?

Ich sage mal so. Er braucht die Fähigkeiten, wie jedes andere Kind. Er muss sich dann genau so plötzlich konzentrieren können, vom Spielen bis zum am Schreibtisch sitzen und zuhören. Ich glaube, da gibt es nichts, was ihn von anderen Kindern unterscheidet. Ich bin eher gespannt, wie weit er bis dahin mit seinem geistigen Wissen ist. Er fängt jetzt schon an, die ersten Buchstaben zu schreiben. Er hat letztens MAMA geschrieben. Er fragt dann noch, welche Buchstaben er braucht. So ein paar kann er schon. Er wollte letztens wissen, wie er AUTO schreibt. Hier frage ich mich, wo das hinführt in 2 Jahren? In der ersten Klasse fangen die Kinder erst an mit den Buchstaben. Wenn er so weitermacht, kann er die dann schon alle. Zahlen interessieren ihn noch nicht so, aber die Buchstaben.

Was meinen Sie, welchen Vorteil bringt Arno, trotz seiner körperlichen Behinderung, die Gemeinschaft hier im „Regelkindergarten“?

Er lernt, er ist ein Kind, wie alle anderen. Wenn wir irgendwo sind, sagen immer viele… orrrr, der arme Kleine, dann kriegt er so ein bisschen seine Sonderstellung. Das ist gerade auch das, wo die Erzieherin darauf achtet, dass er keine Sonderstellung bekommt. Er wird behandelt, wie alle anderen Kinder, egal, ob er laufen kann oder nicht laufen kann, ihn einfach als normales Kind zu behandeln, mit allen Regeln, die dazu gehören und allen Strafen, wenn es nicht funktioniert, ihm nicht immer diese Sonderstellung zu geben… Ich glaube, das ist ganz wichtig. Arno kann sich sehr gut hinstellen und sagen, ach, ich kann das ja gar nicht, ich armer… Im Hintergrund lächelt er dich an und weiß, eigentlich kann ich es selber, aber es ist schön, wenn mir jemand hilft, er ist manchmal ein bisschen faul.

Wie kann Ihrer Meinung nach Inklusion in der Kita gut gelingen? Was sagen Sie, welche Bedingungen waren hier in der Kita besonders förderlich für Arnos positive Entwicklung?

Der Hauptpunkt sind die räumlichen Begebenheiten, wenn man körperlich eingeschränkt ist und auf den Rolli angewiesen ist. Diese Ebenerdigkeit, der Zugang in den Garten, in die Räume. Man braucht Platz, keine Schwellen und keine Treppen, das erleichtert alles ungemein. Ja und dann die Offenheit der Erzieher. Sie müssen sich darauf einlassen können und müssen sagen, gut, wir nehmen es als Aufgabe an, wir haben darauf Lust und wollen es gerne machen. Das ist ganz viel Kopfsache. Wenn man von vorne herein sieht, puh, da muss ich körperlich jetzt aber ganz schön viel machen, da habe ich nicht so richtig Lust dazu… da merkt man die Einstellung.

Welchen Ausblick können Sie anderen Eltern, die Kinder mit einer Behinderung haben, geben?

Ganz wichtig ist einfach: Immer, wenn man irgendwelche Sorgen und Nöte hat, das Gespräch suchen, offen sein. Sich die Einrichtung richtig anschauen, mehrere Einrichtungen anschauen, um vom Gefühl her dann zu entscheiden: Fühl ich mich hier wohl oder nicht? Ich finde, das ist ganz wichtig. Ja und immer, wenn man Sorgen hat, das Gespräch suchen. Mir liegt hier etwas auf dem Herzen, können wir da mal darüber reden? Selber fällt mir das noch ein bisschen schwer, da bin ich ehrlich. Darum bin ich auch froh, wenn die Erzieherin auf mich zu kommt, so wie kürzlich. Das Gespräch miteinander ist ganz wichtig, aber auch, den Erziehern zu vertrauen. Es gibt Dinge, die muss man den Erziehern erklären, z.B. das Anlegen der Orthesen. Ich bin so dankbar, dass das auch gemacht und durchgezogen wird. Mit dem Anbringen der Orthesen war für alle Erzieher völliges Neuland, ich habe es einer Erzieherin gezeigt und plötzlich konnten es alle Erzieherinnen…


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