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Wenn sich alles von einer Sekunde auf die andere ändert und plötzlich Integrationsbedarf entsteht – für Petra Behner eröffneten sich neue Perspektiven als unterschenkelamputierte Einrichtungsleiterin nach einem Unfall.

„Wie geht’s Dir?“ „Es läuft wieder …“

Was bedeutet Integration für Dich heute?

Integration und Inklusion sind so vielfältig und individuell wie jeder Mensch – was für den einen Hilfe bedeutet, kann für den anderen eine Barriere sein. Ein Beispiel: Die „Rüttelstreifen“, die für Sehbehinderte eine Hilfe an der Ampel sind, sind für mich als Rolli-Fahrerin allein mit einem mechanischen Rolli schwer zu bewältigen.

Gibt es eine besonders eindrückliche Erfahrung für Dich betreffs Umgang mit behinderten Menschen?

Das war die Erfahrung, dass ich im Rollstuhl nicht mehr ernst genommen wurde. Als ich im Rollstuhl von meinem Mann geschoben wurde, unterhielten sich die Leute nur noch mit ihm. Ich schien nicht mehr vollwertig dabei zu sein – sei es auf dem Handwerker-Markt oder im Flughafen. Offenbar denken viele Menschen, wer im Rollstuhl sitzt, ist nicht nur körperlich, sondern auch geistig behindert. Schließlich braucht er ja Hilfe. Und: Ich wurde oft nicht gefragt, ob ich Hilfe möchte, sondern der Rollstuhl wurde einfach geschnappt und mit den Worten losgeschoben: „Ich helfe Ihnen dann mal über die Stufe.“ Egal, ob ich vor dem Geschäft einfach auf jemanden gewartet habe oder ob ich tatsächlich dort hinein wollte.

Volle Erwerbstätigkeit, komplett raus aus allem durch einen Unfall und dann Wiedereinstieg auch ins Berufsleben. Was ist dabei wichtig?

Menschen, die nach Dir fragen, sich Zeit für Gespräche nehmen - ohne Ratschläge, aber mit offenem Herzen einfach verschiedene Optionen mit Dir durchsprechen. Eine gute Reha-Beratung. Einen Arbeitgeber, der das Signal gibt, dass Du nach wie vor dazugehörst und alle an einer gemeinsamen Zukunft interessiert sind. Und ich bin dankbar für meine positive Grundhaltung, die mir geschenkt ist: Das Glas ist halb voll und nicht halb leer.

Vor welchen aktuellen Herausforderungen stehst Du?

Meine Leistungsfähigkeit in körperlicher Hinsicht hat abgenommen. Ich brauche mehr Regenerationszeiten. Die Signale meines Körpers muss ich ernster nehmen, kann nicht mal einfach drüber weggehen und mich später erholen. Manchmal nervt und ärgert mich das, weil mein Kopf gern mehr machen möchte. Gleichzeitig möchte und muss ich auch als Einrichtungsleitung präsent sein – gegenüber Eltern, dem Team, Ehrenamtlichen, in der Öffentlichkeit, dem Vorstand. Das auszutarieren, die gegenseitigen Erwartungen auszusprechen und zu justieren – das finde ich schon sehr herausfordernd. Was sind meine neuen 100 %, die ich geben kann und passt das mit den Erwartungen der anderen jeweils zusammen?!

Ein Satz, der Deine Erfahrung zusammenfasst?

Denke nie, dass Du weißt, was ein Mensch von Dir braucht, ehe Du ihn nicht gefragt hast.


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