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Kinderarche-Knigge

Ilka Meffert

Wer sich gehalten weiß von anderen Menschen, kann Neues wagen, sich auf Unbekanntes einlassen.

Das kann doch mein Kind noch nicht allein, oder?

Das neue Jahr 2022 hat soeben begonnen. Mancher startet mit Elan und ist gespannt, was kommt. Andere sind eher zurückhaltend oder sehen Schwierigkeiten voraus.

„Am liebsten kann’s gleich voll losgehen! Wir sind da entspannt bei der Eingewöhnung! Unser Kind schafft das!“ so sagen uns Eltern beim Start in der Krippe. Oder „Ich glaube, wir brauchen viel Zeit. So einfach wird es nicht. Wir müssen uns gut eingewöhnen, sonst habe ich kein gutes Gefühl.“ So starten andere Eltern mit ihren Kindern, wenn es um die Kita geht.

Wir sehen als Erwachsene das Neue immer auch durch die „Brille unserer Erfahrungen“. Das tun wir auch im Blick auf unsere Kinder, ob wir wollen oder nicht. Und entsprechend begleiten wir unsere Kinder beim Losgehen. Auch unser Loslassen ist davon geprägt, was wir bisher erlebt haben.

Der Mensch ist grundsätzlich neugierig und geht gern auf Entdeckung. Bildung lebt von dieser Grundveranlagung – sonst würde kein Kind laufen lernen und niemand ein Buch lesen. „Sobald Kinder auf eigenen Beinen stehen, gehen sie eigene Wege“ – so ein Zitat aus meinem Umfeld. Die Beobachtungen im Alltag decken diesen Ausspruch – wir freuen uns über die ersten Schritte. Doch bald gibt es auch das „Nein“, wenn die Wege gefährlich werden oder nicht gewollt sind. Hintergrund ist, dass alle wollen, dass es den Kindern gut geht und sie sicher sind.

Sichere Bindung hilft beim Loslassen

Grundsicherheit ist das Fundament, dass es Kindern ermöglicht, freudig auf Entdeckung zu gehen. Verunsicherte Kinder tun sich schwer mit Neuem. Aus der Bindungsforschung wissen wir: Je sicherer Kinder eine Bindung zu ihren festen Bezugspersonen haben, umso leichter fällt ihnen der Umgang mit neuen Situationen. Denn sie wissen: Ich habe jederzeit einen Menschen in meiner Nähe (körperlich oder in Gedanken), an den ich mich wenden kann, wenn ich mich überfordert fühle.

So erleben wir immer wieder schon bei den jüngsten Kindern: Sie kommen in der Kita an – neugierig und voller Elan. Lassen sich auf Neues ein. Anfangs immer wieder der Blick zu den Eltern, ob sie noch da sind. Dann das Verabschieden und das Wiederkommen der Eltern nach unterschiedlich langer Zeit. Sobald die Eltern wieder in der Tür stehen, geht ein Strahlen über das Gesicht oder auch ein paar Tränen rinnen die Wangen hinunter – Ausdruck der Emotionen, mit denen sie ihre festen Bezugspersonen willkommen heißen. Dann wollen sie in den Arm genommen werden, Sicherheit spüren und … starten am nächsten Tag wieder mit Neugierde in der Kita. Sie wissen, da ist jemand, der immer da ist, immer wieder kommt.

Wir legen in der Kita großen Wert auf eine klare Verabschiedung zwischen Eltern und Kindern sowie einer Wertschätzung der Abholsituation. Eltern heißen ihre Kinder wieder willkommen und pädagogische Fachkräfte verabschieden sich. So sind beide Alltagssituationen verbunden und doch getrennt mit eigenem Wert. Kinder können sich so sicherer „zwischen den Welten“ bewegen.

Urvertrauen ist der wichtigste Baustein

Dieses Urvertrauen zu stärken und sichere Bindung aufzubauen, ist der wichtigste Baustein, um gut losgehen zu können, aber auch als Eltern loslassen zu können. Denn wenn Eltern sicher sind, dass ihr Kind seinen Weg finden wird, geben sie auch dieses Gefühl an ihre Kinder weiter. Wir sollten nie unterschätzen, wie auch ohne Worte unser Gefühl weitergegeben wird an die Kinder. Deshalb ist es auch wichtig, sich als Eltern klar zu machen, was ich brauche, um mein Kind gut loslassen zu können. Wie muss ich für mich sorgen, damit ich das gut kann. Manchmal helfen auch Abschiedsrituale dabei – der Kuss auf die Stirn extra, das Abklatschen mit der Hand, das Winken an einem bestimmten Fenster… Rituale, die ALLEN Sicherheit bieten, weil sie jeden Tag wiederkehren.

Und diese Grundsicherheit brauchen wir alle – Erwachsene, Jugendliche, Kinder. Wer sich gehalten weiß von anderen Menschen, kann Neues wagen, sich auf Unbekanntes einlassen. Denn er weiß, ich kann jederzeit zum „sicheren Hafen“ zurückkehren. So hilft dies Kindern bei der Einschulung wie bei Schulwechseln, Jugendlichen beim Beginn von Ausbildung oder Studium, jungen Menschen beim Einzug in die erste eigene Wohnung, jungen Eltern bei der Geburt eines Kindes.

Und wenn der „sichere Hafen“ bei anderen Personen ins Wanken gerät? Als Christin bin ich dankbar, dass ich mich dennoch gehalten weiß – bei Gott als Grund unserer Welt. Auch das gibt mir Mut zum Losgehen und Loslassen – auch im Jahr 2022 mit all seinen offenen Fragen, Herausforderungen und neuen Wege. In diesem Sinne – viel Freude beim Losgehen ins Neue Jahr 2022!

Petra Behner, Christliche Kindertagesstätte „Unterm Regenbogen“ Sebnitz

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