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Von einem Mittagsschlaf profitieren vor allem jüngere Kinder. So zeigten Kinder im 3. Lebensjahr, die keinen Mittagsschlaf halten durften, häufiger negative und weniger positive Emotionen. Zudem hilft der Mittagsschlaf, das am Vormittag gelernte im Gehirn abzuspeichern.

Braucht mein Kind noch Mittagsschlaf?

In meiner Kindheit war der Mittagsschlaf, egal ob zu Hause oder im Kindergarten, sogar noch zu Beginn der Grundschulzeit, ein fester Bestandteil jedes Tages und nicht verhandelbar. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei, die Begründung „Das war schon immer so!“ wird mittlerweile hinterfragt. Doch mit der wachsenden Zahl an Erziehungsstilen und Lebensentwürfen, die gerne auch auf Social Media präsentiert oder in Ratgebern als „das einzig Wahre“ dargestellt werden, wächst die Verunsicherung bei Eltern. Mittagsschlaf, ja oder nein? Wenn ja, wie lange? Regelmäßige Routine oder nur im Ausnahmefall? Soll ich mein Kind wecken? 

Sie werden es sich schon denken können: Allgemeingültige Antworten für jedes Kind und jede Familie gibt es nicht. Doch einige Fakten lassen sich durchaus benennen, an denen man seinen eigenen Weg als Familie orientieren kann. Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BiÖG) hat Daten zum täglichen Schlafbedarf von Kindern veröffentlicht: 

  • 0 bis 1 Jahr – 14 bis 17 Stunden, 
  • 1 bis 2 Jahre – 13 bis 14 Stunden, 
  • 3 bis 4 Jahre – 12 bis 13 Stunden, 
  • 5 bis 6 Jahre – 11 bis 12 Stunden, 
  • 7 bis 9 Jahre – 10 bis 11 Stunden, 
  • 10 bis 14 Jahre – 9 bis 11 Stunden. 

Unterschieden wird hierbei nicht zwischen Nacht- und Mittagsschlaf, gemeint ist die Gesamtschlafdauer. Allerdings bieten sich diese Zahlen nur zur groben Orientierung an, denn Abweichungen von bis zu zwei Stunden gelten als normal. 

Eule oder Lerche – das ist hier die Frage

Wie bei Erwachsenen auch, lassen sich bereits im Kindesalter verschiedene Schlaftypen erkennen. Stark vereinfacht sind „Lerchen“ bereits früh am Morgen wach und fröhlich, während „Eulen“ morgens lange brauchen, um wach zu werden, dafür aber am Abend am produktivsten sind. Durch die längere Einschlafzeit am Abend und das notwendige zeitige Wecken an Wochentagen kann die Nachtschlafdauer von „Eulen“ deutlich kürzer sein als die von „Lerchen“. 

Nachtschlaf und Mittagsschlaf unterscheiden sich zwar in ihrer Qualität. Ausreichend Nachtschlaf mit mehreren REM-Phasen (Rapid-Eye-Movement: hohe Gehirnaktivität, Träume) hat sich als deutlich wertvoller erwiesen. Doch vor allem für Kinder, die zu den „Eulen“ gehören, kann ein Mittagsschlaf wichtig sein, um die für eine gesunde Entwicklung notwendige Gesamtschlafdauer zu erreichen.

Zu wenig Schlaf schadet Kindern (und Erwachsenen)

Wenn Kinder (und auch wir Erwachsenen) dauerhaft zu wenig schlafen, geht damit ein erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit und Infektanfälligkeit daher. Kinder sind tagsüber hippelig, leichter ablenkbar, unkonzentriert und schneller erschöpft. In Studien konnte ermittelt werden, dass bei Kindern im Grundschulalter einer Verkürzung der Schlafdauer zu deutlichen Verhaltensauffälligkeiten führte, während eine Verlängerung diese signifikant verringerte. 

Sicher kennen Sie das auch von sich selbst: Zu wenig Schlaf lässt uns reizbarer werden und uns körperlich nicht fit fühlen. Von einem Mittagsschlaf profitieren vor allem jüngere Kinder. So zeigten Kinder im 3. Lebensjahr, die keinen Mittagsschlaf halten durften, häufiger negative und weniger positive Emotionen. Zudem hilft der Mittagsschlaf, das am Vormittag Gelernte im Gehirn abzuspeichern und auch am Nachmittag zu erinnern. Die Verhinderung von Mittagsschlaf kann sich also durchaus negativ auswirken.

Zeichen, dass ein Mittagsschlaf gebraucht wird

Deutliche Zeichen, dass ein Kind einen Mittagsschlaf benötigt, sind: gut gelauntes Aufwachen am Morgen, aber Weinerlichkeit bzw. Launigkeit im Tagesverlauf bis hin zu Krisen am Nachmittag oder frühen Abend, die sich dann wieder bessern (second wind); Augenreiben, Gähnen, von allein hinlegen, aber auch große Aktivität und Lautstärke („überdreht sein“) gegen Abend. Hat ihr Kind nachts ausreichend Zeit zu schlafen, kann abends lange nicht einschlafen, nachdem es die Möglichkeit zum Mittagsschlaf genutzt hatte, und sie bemerken bei fehlendem Mittagsschlaf keine Verhaltensänderung im Tagesverlauf, so benötigt ihr Kind wahrscheinlich keinen Mittagsschlaf mehr. 

Generell sollte kein Mittagsschlaf erzwungen werden, doch Kindern, die Müdigkeit zeigen, sollte zumindest die Möglichkeit einer Ruhephase eingeräumt werden. Eine gemütliche Atmosphäre ohne viel Ablenkung, ein abgedunkelter Raum, liebevolle Begleitung und nicht zuletzt Ihre Vorbildwirkung, können Ihrem Kind helfen, zur Ruhe zu kommen. Entspanntes Buch anschauen, Hörspiel oder Traumreisen anhören oder einfach nur Kuscheln lassen Ihr Kind wieder Energie für den Nachmittag tanken. 

Nicht der Mittagsschlaf ist das Problem: Hilfe am Abend

Im Alltag berichten uns Eltern fast täglich von Problemen beim Zubettgehen am Abend und machen meist den Mittagsschlaf in der Kita dafür verantwortlich. In einer idealen Kita würden wir jedem Kind und seiner Familie den Schlaf bieten, den es braucht oder nicht braucht. In der Realität sind uns Grenzen u.a. durch Räumlichkeiten und Personalschlüssel gesetzt, so dass wir zwischen individuellen Bedürfnissen und Gruppengefüge abwägen müssen. Meist finden wir Kompromisse, wie beispielsweise bestimmte Kinder am Mittag nach 30 bis 45 Minuten wieder zu wecken, um das abendliche Einschlafen zu erleichtern. Da sich Kinder stetig weiterentwickeln, sind das immer Kompromisse auf Zeit und wir sind auf das Feedback der Eltern und regelmäßigen Austausch angewiesen. 

Doch nicht immer ist der Mittagsschlaf Ursache für allabendlichen Unmut daheim. Möglicherweise muss die Abendroutine noch einmal überprüft werden. Entsprechen Zubettgehzeit und Rituale noch dem Entwicklungsstand meines Kindes oder herrscht am Abend zu viel Aufregung, um zur Ruhe kommen zu können? Um tägliche Machtkämpfe zu vermeiden, hilft es bei vereinbarten Zubettgehzeiten sowie Routinen konsequent zu bleiben und nicht auf Verzögerungstaktiken („Ich hab‘ noch Durst.“, „Ich muss dir unbedingt noch was erzählen.“) hereinzufallen. 

Kompromisse sind denkbar und möglich

Ausnahmen sind bei klaren Regelungen dann immer mal möglich. Auch Kompromisse wären denkbar. Ihr Kind ist noch nicht müde, doch Sie haben den berechtigten Wunsch nach Feierabend? Dann könnten Sie vereinbaren, dass Ihr Kind noch für einige Zeit einer ruhigen Beschäftigung in seinem Zimmer nachgehen darf, bevor Sie es ins Bett begleiten. Weitere Tipps finden Sie auch im Artikel „Warum schläfst du nicht?“ Schlafprobleme bei Kindern vom Mai 2021 hier im Kinderarche-Knigge. 

Egal, ob erwachsen oder noch im Wachsen: Eine Ruhepause am Mittag tut uns allen gut. Die Gestaltung dieser Ruhephase kann unterschiedlich aussehen, richtet sich nach dem Schlafbedürfnis Ihres Kindes und wird sich im Laufe der Zeit immer wieder verändern. 

Susan Schmiege, Ökumenisches Kinderhaus Radebeul

Quellen

https://www.aok.de/pk/magazin/familie/kinder/schlaftabelle-zum-schlafbedarf-von-kindern/

https://www.kindergesundheit-info.de/themen/schlafen/1-6-jahre/schlafbedarf/

Kirchhoff, Frank: Empfehlungen der Arbeitsgruppe Pädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin zum Mittagsschlaf im Kindergarten.

https://DGSM.de/Arbeitsgruppen/Paediatrie/Mittagsschlaf_Empfehlungespapier.pdf

Backhus, Tine: Schlaf, Kindchen, schla… ach nee, doch nicht! kindergarten heute 5/2022, S. 46.

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