

Für Kinder geht es beim Essenlernen nicht nur um Nahrungsaufnahme, sondern um viel mehr: Selbstständigkeit, Körperwahrnehmung, Entscheidungen treffen und Genuss.
Essen ist mehr als satt werden
Wenn Kinder beginnen, selbstständig zu essen, beginnt für sie ein spannender und wichtiger Lernprozess. Es geht dabei nicht nur um Nahrungsaufnahme, sondern um viel mehr: Selbstständigkeit, Körperwahrnehmung, Entscheidungen treffen und Genuss.
Kinder entdecken Essen mit allen Sinnen. Sie wollen fühlen, schmecken, riechen und beobachten. Kleckern, matschen und ausprobieren gehören genauso dazu wie das Ablehnen oder das Aussortieren einzelner Lebensmittel. All das sind wichtige Schritte auf dem Weg, eine gesunde und selbstbestimmte Beziehung zum Essen zu entwickeln.
Damit das gelingt, brauchen Kinder Zeit, Raum und die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu machen. Wenn Erwachsene ständig eingreifen, füttern oder korrigieren, entsteht schnell das Gefühl: Ich kann das nicht allein. Dabei ist genau das Gegenteil wichtig. Kinder sollen spüren: Ich darf das probieren. Ich darf entscheiden, wann ich hungrig bin und wann ich satt bin.
Wertschätzende Begleitung bedeutet, dem Kind das Essen anzubieten, nicht aufzuzwingen. Es bedeutet, Signale wahrzunehmen und zu respektieren. Sätze wie „Du musst nicht aufessen“ oder „Du kannst probieren, wenn du möchtest“ geben Orientierung, ohne Druck auszuüben.
Auch die Vorbildwirkung der Erwachsenen spielt eine große Rolle. Wenn Kinder sehen, dass Essen Freude machen kann, dass Vielfalt willkommen ist und dass gemeinsam gegessen wird, prägt das ihr eigenes Verhalten nachhaltig. Zwang und Kontrolle hingegen führen oft zu Ablehnung und Unsicherheit.
Essen lernen ist ein Prozess, der nicht in wenigen Wochen abgeschlossen ist. Doch mit Geduld, Vertrauen und einer liebevollen Haltung schaffen wir eine wichtige Grundlage: für eine gesunde Entwicklung, für Selbstvertrauen und für die Freude am gemeinsamen Essen.
Susanne Neumann, Sozialpädagogin im Naturkinderhaus Mulda