

Rückblickend hat Kathrin Krüger ihre Entscheidung für den Erzieherberuf nie bereut. „Wir haben hier die Möglichkeit, den Kindern einen Weg zu ebnen, den sie sonst nicht gehen könnten“, sagt sie.
Mit Herz und Seele an der richtigen Stelle
Kathrin Krüger wusste schon in der 4. Klasse, dass sie mit Kindern arbeiten möchte, doch als sie ihr Heimerzieher-Studium geschafft hatte, wollte sie keiner haben. Es war Dezember 1992: eine Zeit des Umbruchs und der Ratlosigkeit – und der mangelnden Erzieherstellen.
Auch nach einer ABM-Stelle im Jugendclub, die ihr die Angst vor größeren Jugendlichen genommen hat, gab es noch keine Arbeit als Erzieherin, also begann die junge Frau eine Ausbildung zur kaufmännisch-medizinischen Assistentin. Währenddessen ließ sie jedoch die freien Stellen in der Kinder- und Jugendhilfe nicht aus den Augen, bewarb sich bei der Kinderarche Sachsen und hatte am 16. März 1998 ihren ersten Arbeitstag in der Gruppe 1 auf der Hauptstraße in Markkleeberg.
Nach der ersten Woche wollte sie aufhören
So sehr sie sich auf die Arbeit als Erzieherin gefreut hatte, so erschöpft war sie nach der ersten Woche. „Da habe ich gesagt: Ich hör hier auf“, erzählt sie, „es war einfach zu viel am Anfang.“ Sie erinnert sich zum Beispiel, wie sie im Telefonbuch erst nachgeschaut hat, wo eigentlich die Schulen sind, zu denen die Kinder gebracht werden mussten. Inzwischen kann sie darüber lachen, denn natürlich hatte sie sich schnell eingearbeitet und bekam nach zwei Schwangerschaftsvertretungen ihren ersten „richtigen“ Vertrag.
„Danach durfte ich gleich mit zur Ferienfahrt“, berichtet sie. „Das war ein tolles Erlebnis, dass man mir schon so vertraut hat, das mit den Kolleginnen gemeinsam zu meistern.“ Bis heute sind die Ferienfahrten mit der Wohngruppe eines der Highlights an ihrem Beruf, findet die Erzieherin. „Wir haben zusammen eine entspannte Zeit und Erlebnisse, die wir sonst nicht hätten“, schwärmt sie. „Es macht etwas mit der Beziehung, und oft reden die Kinder noch ganz lange Zeit davon, was sie erlebt haben.“
Dass sie während einer Ferienfahrt Tag und Nacht im Dienst ist, macht ihr nichts aus. „Das kann man doch gar nicht gegeneinander aufrechnen“, findet sie, „wie Arbeitszeit und Verdienst im Verhältnis stehen zu dem, was sich an Möglichkeiten für die Kinder und die Bindung eröffnet!“
Einfach da sein und zuhören – das ist es, was Kinder brauchen
Kathrin Krüger spricht nicht nur aus ihrer Erfahrung als Erzieherin, sondern auch als Mutter. In den Jahren 2007 und 2010 kamen ihre zwei Jungs auf die Welt – sie blieb jeweils ein Jahr zu Hause und lernte, „wie einfach es ist, ein Kind zu lieben“. Einfach da sein und zuhören und Zeit haben – das ist es, was Kinder brauchen, und das gibt die 53-Jährige nicht nur ihren eigenen beiden, sondern jedem Kind in der Wohngruppe.
„Alle Kinder haben eine liebenswerte Seite“, ist Kathrin Krüger überzeugt, „wer die findet, der hat schon gewonnen.“ Natürlich gebe es auch schwierige Kinder, „aber da müssen wir zusammen durch. Es ist wichtig, sich selbst und dem anderen jeden Tag eine neue Chance zu geben.“ Zum Ehemaligentreffen, das die Erzieherin Anfang der 2000er Jahre ins Leben gerufen hat, sehe man, wie gut es ist, wenn man einen langen Atem hat. „Manchmal sieht man erst sieben Jahre später, was etwas gebracht hat.“
Vereinbarkeit von Familie und Beruf war nie ein Problem
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war für Kathrin Krüger nie ein Problem. Als sie nach ihrer Elternzeit zurückkam, hat sie zunächst in der Tagesgruppe gearbeitet oder in der Wohngruppe anfangs ohne Nachtdienste. „Es hat mir unwahrscheinlich geholfen, dass ich meine Bedürfnisse in den Dienstplan einbringen konnte“, erzählt sie, „und natürlich geht das nur, wenn der Partner mitzieht.“ Heute kümmert sich ihr Mann um den Haushalt, wenn sie im Dienst ist: wäscht, kocht, kauft ein. „Er hat ja gewusst, worauf er sich einlässt“, scherzt die zweifache Mutter. „Unser Job funktioniert nur mit Herz und Seele an der richtigen Stelle.“
Rückblickend hat sie ihre Entscheidung für den Erzieherberuf nie bereut. „Wir haben hier die Möglichkeit, den Kindern einen Weg zu ebnen, den sie sonst nicht gehen könnten“, sagt Kathrin Krüger. „Wir können nicht alle Kinder retten, aber wir können es jeden Tag wieder versuchen und sollten dieses Ziel nie aus den Augen verlieren.“ Was es braucht, um als Erzieher zu arbeiten, kann sie in wenigen Worten zusammenfassen: „die Liebe zum Beruf, also zum Kind, und die Bereitschaft, in einem Team zu arbeiten. Allein schaffe ich hier gar nichts.“